aus: Friedberger Allgemeine, Nr. 82, 8. April 2022, S. 39
Soziales – Die Aktion „Stift und Heft“ hilft ukrainischen Kindern in Friedberg beim Wiedereinstieg in den Alltag.
Soziales – Die Aktion „Stift und Heft“ hilft ukrainischen Kindern in Friedberg beim Wiedereinstieg in den Alltag.
Nach Beginn des Ukrainekrieges steht plötzlich „ein ganzer Pulk“ an geflüchteten Kindern und Müttern vor der Theresia-Gerhardinger-Grundschule. Sie bitten Schulleiterin Elisabeth Kern um einen Platz für ihr Kind. Auch für die erfahrene Rektorin war die Situation „anfangs schon schwierig“. Eine Lösung musste her.
Ebenjene Lösung bestand aus der Initiative „Stift und Heft“, die zur Unterstützung ukrainischer Grundschulkinder beitragen soll. Diesen wird mit einem Platz an der Schule inklusive einem voll ausgestatteten Schulranzen geholfen. Getragen vom Elternbeirat und dem Förderverein der Schule wurde das Projekt schon zwei Tage nach der Idee in die Tat umgesetzt.
Mithilfe der großzügigen Spenden des Lions Club Friedberg und der Buchhandlung Lesenswert! in der Friedberger Innenstadt konnten bereits zehn der von Koffer Kopf gesponserten Schulranzen gefüllt und an geflüchtete Kinder verteilt werden, weitere sollen folgen. Elternbeirat Michael Krupp ist stolz, wie schnell das Projekt Fahrt aufnahm.
„Weniger als eine Woche nach der Idee konnten wir den ersten Schulranzen übergeben“, so Krupp. Das sei den Sponsoren, aber auch der schnellen Hilfsbereitschaft der Eltern zu verdanken. Begeistert meint er: „Nach kurzer Zeit war uns klar, dass es uns nicht an Geld zur Finanzierung des Projektes mangeln wird, die Spendenbereitschaft der Eltern war enorm.“Die Standardausstattung der Schulranzen besteht aus diversen Stiften sowie einem Lineal, einem Klebestift und einer Schere. Dazu gibt es eine Trinkflasche und eine Brotzeitbox mit kleiner Süßigkeit.
Zum Start gibt es außerdem einen Begrüßungszettel mit Schriftzug „Herzlich willkommen“ auf Ukrainisch und Deutsch, als Symbol für Hoffnung liegt dem Schulranzen noch ein Glücksstein bei.
Dazu bekommen die Kinder verschiedene Lernhefte. Das besondere hierbei: Der Mathe-Trainer vermittelt Wissen, ohne dass die Kenntnis der deutschen Sprache vorausgesetzt wird. In Kürze folgen auch noch komplett ausgestattete Turnbeutel – dies sei aber etwas komplizierter als die Schulrucksäcke, da die Sportschuhe und -klamotten auf die Größe des Kindes angepasst werden sollen.
Unterrichtet werden die Kinder in Hauptfächern wie Mathe und Deutsch, auch Sport steht auf dem Stundenplan. Das daran anschließende "Willkommensangebot" besteht aus musischen und kreativen Angeboten. Das Projekt ist allerdings auch mit Herausforderungen verbunden:
Durch Personalmangel sei momentan noch wenig Kapazität für die neuen Schüler vorhanden.
„Stift und Heft“ sei aber noch in den Startlöchern; eine ukrainische Lehrerin soll demnächst das Kollegium unterstützen, auch die Beschäftigung von Übersetzern ist im Gespräch. Der Unterschied zur Flüchtlingskrise 2015 sei allerdings „deutlich spürbar“, alles gehe „viel schneller“ voran als damals, so die Rektorin.
Geflüchtete Kinder sind außerdem bis zu drei Monate nach der Flucht noch nicht schulpflichtig. Familien können deswegen frei entscheiden, ob und wie lange ihr Nachwuchs die Schule besucht. Diese Umstände machen es schwer einzuschätzen, wie viel Kapazität geschaffen werden muss. Doch ein Trend ist erkennbar: Ein Großteil der Mütter und Kinder will einen möglichst zeitnahen Wiedereinstieg in das Schulleben. Dabei geht es nicht nur um den Erhalt der Bildung, sondern auch darum, ein Stückchen Alltag und damit Ruhe zurückzugewinnen.
Trotz der Herausforderungen bemühen sich alle Beteiligten stetig, die Kinder bestmöglich zu unterstützen. „Unser Ziel ist es, die Schulranzen möglichst schnell an die Kinder weiterzugeben, am besten noch am selben Tag“, so Elternbeirat Krupp. (Elias Pinnow)